Der mutmaßliche Abortturm

Auf der Nordseite von Burg Lichtenberg befindet sich ein viereckiger Maueranbau mit den ca. Maßen von 1,14 Meter Tiefe, 2 Meter Breite und heute 8 Meter Höhe. Im oberen Drittel befindet sich eine kleine dreieckige Öffnung aus gefastem Stein.

Für einen Treppenturm ist er zu klein und auch ein Flankierungs- oder Verteidigungsturm kommt aufgrund seiner doch recht bescheidenen Maße nicht in Frage.

Aber für was war er dann gut?

Nun ja – wie jedes Lebewesen muß auch der Mensch seinen natürlichen Bedürfnissen folgen.

Neben solchen Dingen wie schlafen, essen und trinken hat er eben auch seine Notdurft zu verrichten.

Am Bekanntesten sind dafür vorgesehene Aborterker die bei Besuchern immer wieder für Erheiterung sorgen.

Diese „Freilufttoiletten“ bestanden aus einen Vorsprung an einer (Aussen-)Mauer wobei die menschlichen Fäkalien frei weg an der Mauer nach unten fielen und in einem Burggraben, einer Abortgrube oder einfach nur im Gelände landeten.

Eine recht unhygienische Sache, wenn man bedenkt aus welcher Höhe das Geschäft oft fiel.

Solche Aborterker sind ansatzweise auch noch auf Burg Lichtenberg zu sehen.

Aber es ging auch anders. Weniger bekannt sind Aborttürme. Das Prinzip ist das Gleiche: Die Notdurft wurde oben verrichtet und der Schwerkraft folgend fiel alles einfach nach unten, oft in eine sogenannte Abortgrube, die dann durch weniger angesehenes Personal geleert wurde.

Heute kann der mutmaßliche Abortturm auf unserer Burg nicht mehr betreten oder von innen besichtigt werden, da die Gasträume des Burgrestaurants (!) angebaut wurden.

Als die Burg noch bewohnt und bewahrt wurde befand sich an der Stelle des heutigen Restaurants aber vermutlich ein größeres Gebäude. Auf alten Plänen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts werden noch entsprechende Fundamente aufgeführt.

Das Gebäude befand sich in dem Teil der Burg der ursprünglich um die Mitte oder der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet und wohl von höhergestellten Familien genutzt wurde (1).

Wie es sich für Adelsfamilien gehörte, waren die Räume mit einem gewissen Luxus ausgestattet.

Ein eigener Raum für die Notdurft mit Abortturm könnte dazugehört haben.

Auf jeden Fall wäre es eine Erklärung für einen Anbau welchem solche keine logische Bedeutung zugeschrieben werden kann.

Vergleichbare Aborttürme sind u.a. auf Burg Gräfenstein bei Merzalben und Altdahn bei Dahn nachweisbar, aber auch im europäischen Ausland wie  Burg Lichtenstein in Österreich.

Aborterker, als auch Aborttürme dienten aber nicht nur dem reinen menschlichen Bedürfnis.

Oft wurde Abfall und Unrat einfach darin entsorgt oder Gegenstände fielen unbeabsichtigt nach unten.

Wie dem auch sei: Abfallgruben sind wichtige Fundstellen für die archäologische Arbeit und geben wertvolle Auskunft über das Leben der Altvorderen.

Text: Andreas Rauch, Verwaltung Burg Lichtenberg

Quellen:

Recherche Rauch

Vergleichsquellen:

pfälzer-Burgen.org

burglichtenstein.eu

  • auch Burg Lichtenberg 1214-1914 Haarbeck 1918

 

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