Der innere Halsgraben und nördliche Zwinger (Errichtung Mitte des 15. Jahrhunderts)

Zunächst zu den Begriffen

Als Halsgraben wird ein künstlich angelegter Graben bezeichnet, der die Seite des Areals abriegelt, das nicht durch natürliche Hindernisse geschützt ist.

Burg Lichtenberg als Spornburg ist auf Grund ihrer Lage an drei Seiten von steil abfallenden Berghängen geschützt. Ein wirkungsvoller Angriff konnte deshalb nur von der Bergseite erfolgen. Entsprechend wurden dort verstärkt Verteidigungsanlagen geschaffen. Ein Halsgraben war ein wesentlicher Bestandteil dieser Verteidigungsstrategie.

Aus praktischen Gründen erfolgte die Trennung der Burganlage vom restlichen Gelände der Angriffsseite möglichst an der schmalsten Stelle des Bergsporns. Daher auch der Name „Halsgraben“.

Die Burg war dann nur noch über einen relativ schmalen Zugang – oft mit Zugbrücke – erreichbar.

Der Zwinger einer Burg ist grundsätzlich der Raum zwischen zwei Verteidigungsmauern. Wenn es Angreifern gelang, die erste Mauer zu überwinden, befanden sie sich im Zwinger und hatten eine weitere Mauer vor sich. Unter Umständen waren sie in dem Zwingerbereich eingekesselt und ein leichtes Ziel für die Verteidiger. Oftmals gab es mehrere Zwinger, die ein Erobern der Burg erschwerten.

Er galt, wie der Halsgraben, zu Recht als einer der Hauptverteidigungsanlagen einer Burg.

Zwinger sind daher nahezu auf allen mittelalterlichen Wehranlagen zu finden. Übrigens: Hatte der Angreifer trotz aller Widrigkeiten den Zwischenraum durchquert und die Verteidiger zurückgedrängt, so hatte er die Anlage „bezwungen“.

Auch Burg Lichtenberg wurde durch Halsgräben und Zwingeranlagen geschützt. Hier soll der innere Halsgraben und der nördliche Zwinger behandelt werden:

Betritt man die Burg durch das Haupttor, durchquert man zunächst den äußeren Halsgraben, bevor man nach dem 2. Tor auf den inneren Halsgraben trifft.

Inzwischen ist der größte Teil verfüllt und es befinden sich im ehemaligen Grabenbereich ein Kiosk und darüber ein Kinderspielplatz. Im Norden, also etwa im Bereich des heutigen Kinderspielplatzes, ging der Halsgraben dann in den nördlichen Zwinger über. Bereits 1906 beschrieb Walter Haarbeck in seiner Schrift „Lichtenberg. Geschichte der Kirchengemeinde Burg Lichtenberg nebst Beiträgen zur Geschichte der Burg Lichtenberg“ den Halsgraben und die dazugehörige Brücke bzw. Zugbrücke als zweite Erweiterung der Burg, wobei 1906 schon der Halsgraben im nördlichen Bereich verfüllt und der Bogen der Brücke seit langer Zeit vermauert war.

Ursprünglich sah die Sache aber ganz anders aus:

Das Gelände war wesentlich tiefer angelegt und der Zugang zur Burg erfolgte durch eine Bogen- und Zugbrücke (entstanden um 1450).

Der Halsgraben war mit einer von ca. 8 – 9 Meter Tiefe, ca. 50 Meter Länge und einer Breite von ca. 27 Meter Breite recht imposant und ohne Hilfsmittel nicht zu überwinden.

Zusätzliche Sicherungen wurden durch zwei von Osten und Westen her in den Zwinger ausgerichtete Schlüsselschlossscharten, einer Schießscharte im Untergeschoß der „Landschreiberei“ sowie einen Flankierungsturm, der über einen Felswall erreichbar ist, geschaffen.

Nach Norden (Richtung Thallichtenberg) erfolgte die Sicherung durch den nördlichen Zwinger (entstanden in den 1440er Jahren), dessen äußere Mauer mit einer Länge von ca. 180 Metern,  einer Mauerstärke von 0,80 Meter und einer angenommenen Höhe zwischen 8 und 9 Meter die Burg nach Norden (Richtung Thallichtenberg) absicherte. Verstärkt wurde diese Mauer durch 3 Flankierungstürme (Felsenturm, 2. Nördlicher Turm, „gesprengter Turm“). Nachdem die Burg mehr und mehr an Bedeutung verlor, war nach Bränden und der Nutzung als Steinbruch in den 1900er Jahren nur noch mehr oder weniger eine Ruine vorhanden. Gebäude und Verteidigungsanlagen waren verfallen.

In den Jahren 1905 – 1909 erfolgten erste Aufbaumaßnahmen der Burg. Die Arbeiten erfolgten nach den damaligen Kenntnissen aufgrund des vorhandenen historischen Bestandes. Bei dem direkt an die Landschreiberei angrenzenden Torhaus (3. Tor) waren nur noch geringe Reste der Torpfeiler vorhanden. Aber nach den deutlichen Spuren an der benachbarten Giebelwand der Landschreiberei konnte der ganze Torbau wiederhergestellt werden (Behr 1910). Im linken Torrahmen fällt die Jahreszahl 1907 als Wiederaufbaujahr des Torbogens ins Auge. Oberhalb des Tores befinden sich zwei Schlitze, die heute als Fenster ausgeführt sind.

Ursprünglich hatten diese „Fenster“ jedoch die Funktion der Kettenlöcher für die vor langer Zeit vorhandene Zugbrücke inne.

Nach Durchschreiten des 3. Tores ist es soweit. Der innere Bereich der Burg ist fast erreicht. Aber eben nur fast. Die Burg verfügte über weitere Überraschungen, die einen unkontrollierten Zugang erschwerten.

Heute sind diese Zeiten vorbei und die Maßnahmen im Rahmen des „Tourismus für Alle“ sollen auch körperlich nicht so fitten Personen Einblicke in diese wirklich sehenswerte Burg möglichst barrierefrei ermöglichen.

Quellen:

Walter Haarbeck „Lichtenberg. Geschichte der Kirchengemeinde Burg-Lichtenberg nebst Beiträgen zur Geschichte der Burg Lichtenberg“ 1906

Regierungs- und Baurat von Behr „Burg Lichtenberg die Veste und ihre Erhaltung“ 1910

Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde „Burgenlexikon Band III“ 2005

Dr. Stefan Ulrich „Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte von Burg Lichtenberg“, Westricher Heimatblätter Juni 2006

Recherchen Rauch

Text: Andreas Rauch, Burgverwaltung Lichtenberg

Teilen Sie diese Seite auf: