Sagen und Legenden – Bertha von Burg Lichtenberg oder Der Brudermord auf Schloß Oberstein

Zu einer Burg gehören irgendwie ruhelose Geister und weiße Frauen, Schätze und geheime Gänge, Sagen und Märchen. So auch bei Burg Lichtenberg.

Wie eng auch vor langer Zeit die Geschicke einzelner Schicksale miteinander verknüft sein können berichtet uns die Sage des Brudermordes auf Schloß Oberstein welche uns Jakob Gasters, Lehrer in Thallichtenberg von 1924 – 1954 in dem Gedicht überliefert

Bertha von Burg Lichtenberg oder

Der Brudermord auf Schloß Oberstein

Graf Gerlach auf Burg Lichtenberg besaß ein Töchterlein so schön,

Als wenn sie die Prinzessin wär’ vom Märchenreicher holder Fee’n.

Schön-Bertha von Burg Lichtenberg im weiten Landes wohlbekannt,

Und mancher brave Edelmann beim Grafen warb um ihre Hand.

An einem frohen Maientag am Tor ins Horn der Wächter stieß,

Weil Freunde harrten vor der Burg, die Brück‘ man rasselnd niederließ.

Zwei Ritter sprengten in den Hof, die Brüder von Burg Oberstein,

Der ältere, Wyrich, kühn und stolz, Jung-Emich glich dem Frühlingsschein.

Sie wurden gastlich aufgenommen vom Grafen und seinem Töchterlein,

Verlebten frohe Festestage bei Jagd und Spiel, bei Sang und Wein.

Den Brüdern Bertha wohlgefiel, und jeder dacht‘ sie zu gewinnen,

Doch keiner wußt‘ des andern Leid, und schweigend ritten sie von hinnen.

Auf ihrer Burg sie schwiegen fort, doch Emich keine Ruh‘ mehr fand,

Das holde Fräulein von der Burg, ihm immer vor der Seele stand.

An einem Morgen ritt er fort nach Lichtenberg für sich allein,

Das morgenfrische Westrichland erfüllte Klang und Sonnenschein.

Auch Bertha trug Jung-Emichs Bild, seit sie ihn sah, in ihrem Herzen,

Ein frohes Wiedersehn mit ihm herbei, sie sehnte oft mit Schmerzen.

Als plötzlich sie den Jüngling sah, errötend reicht‘ sie ihm die Hand,

Zwei Herzen voller Seligkeit der Liebe reines Glück verband.

Jung-Emich eilte froh zurück – es war ein Ritt auf leichten Schwingen,

Um Wyrich, seinem Bruder lieb, die frohe Kund auch zu bringen.

Er fand ihn traurig auf dem Söller, erzählte ihm von seinem Glück,

Doch er erblich vor Eifersucht, ein jäher Haß sprang aus dem Blick.

Er stieß den Bruder in die Tiefe, ein Schrei voll Schrecken zerriß die Luft,

Der arme Jüngling lag zerschmettert in blutgetränkter Felsenkluft.

Den Mörder packte das Entsetzen, als er sein ruchlos Werk erkannte,

Die Furcht ihn hetzte hin und her, schrieb ihm ins Antlitz Mörderschande.

Zur Sühne für die böse Tat, fing er ein Kirchlein an zu bau`n,

Man sah den Büßer Tat für Tag aus Felsen schwere Steine hau`n.

Nach vielen schweren Arbeitsjahren die Kirche oben fertig stand,

Sie heißt im Volksmund „Felsenkirche“ zu Oberstein am Nahestrand.

Als ihre Glocken hell erklingen, zum erstenmale übers Tal,

Sank Wyrich tot zur Erde nieder, erlöst von seiner Mörderqual.

Schön-Bertha von Burg Lichtenberg verging vor Gram und Herzensleid,

die Blume welkte früh dahin – fand Frieden in der Ewigkeit.

 

Quelle: Legenden und Sagen aus unserer „Westrichheimat – Gesammelt von Daniel Hinkelmann“)

Text:

Andreas Rauch, Burgverwaltung

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