Kachelfragment mit Lucretia-Bild

Eine kleine Zeitreise – und dabei gehen wir zurück bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts.

Ein interessantes Kachelfragment wurde 1960 als Streugut bei Ausgrabungen am zweiten nördlichen Zwingerturm von Burg Lichtenberg gefunden. Das aus rot-gelbem Ton gebrannte und unglasierte Fundstück (l= 10,5 cm, b = 6 cm) soll nach Ansicht der Experten des Historischen Museums in Speyer einem Kachelofen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts entstammen. Da die Kacheln der beiden ehemaligen großen Kamine von Ost- und Westpalas bekannt waren, wurde angenommen, dass das Fragment den Ofen in „des Herzogs Schlafkammer“ in der zweiten Etage des Ostpalas geziert habe oder aus dem Südpalas stamme. Das dargestellte, mythische Motiv der sich erdolchenden Lucretia – eine tugendhafte Figur der legendären römischen Frühzeit – war beliebt auf Kacheln und Takenplatten. Die Ehefrau des Tarquinius Collatinus beging Selbstmord, weil sie von dem Königssohn Sextus Tarquinius vergewaltigt wurde. Das führte zum Aufstand der Römer gegen dessen tyrannischen Vater und letzten römischen König Lucius Tarquinius Superbus. Dessen Vertreibung hatte zugleich den Beginn der Römischen Republik 509/510 vor Christus zur Folge. Die sagenhafte Geschichte inspirierte Literaten und Künstler von der Antike bis in die Moderne.

Weintrinkkrügelchen aus der Reformationszeit

Das Museum in der Zehntscheune auf Burg Lichtenberg ist im Besitz zweier gelbtöniger „Weintrinkkrügelchen“ aus Siegburger Steinzeug. Sie stammen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, der Reformationszeit. In den Jahren 1962/1963 wurden Fragmente fünf solcher Objekte bei Ausräumungsarbeiten des verschütteten Gewölbekellers des einstigen Amtshauses, das sich östlich der Zehntscheune befand, entdeckt. Auf Initiative des Heimatvereins Burg Lichtenberg wurden sie vom Rheinischen Landesmuseum in Trier wieder zusammengesetzt und restauriert. Siegburger Steinzeug wurde im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit im rheinischen Töpferort Siegburg-Aulgasse produziert und in ganz Europa gehandelt. Einst wurde der Wein direkt aus dieser beliebten Krugform mit engem Hals und Trichter, zum Ansetzen an den Mund, getrunken. Von den ursprünglich fünf – ein sechstes Exemplar wurde in den 1970ern gefunden – vorhandenen Schmuckstücken dieser Gebrauchskeramik sind leider nur noch zwei im Bestand erhalten geblieben. Vier Exemplare waren jeweils mit drei gleichen Ornamenten verziert, deren Abbilder von Museumsexperten im Jahr 1966 beschrieben wurden: Das 15,8 cm hohe, noch vorhandene Exemplar stellt dreifach das Abbild einer Frau dar, die das Kreuz und einen Kelch in ihren Händen hält, vielleicht die Personifikation des Glaubens (im Foto rechts). Ein weiteres 14,2 cm hohes, noch vorhandenes Krügelchen zeigt dreifach den Kopf eines Landknechtes (im Foto links). Ein drittes Krügelchen repräsentierte möglicherweise die biblische Szene nach Math. 9, in der Jesu den Blutgang einer Frau stillt, und ein viertes zeigte den Abdruck einer Rosette.

Spätmittelalterlicher Grapen

Immer wieder wurden auf Burg Lichtenberg interessante archäologische Funde gemacht. Am 27. Oktober 1961 wurde die Schuttschicht des zweiten nördlichen Zwingerturmes („Gesprengter Turm“) von Mitgliedern des in Thallichtenberg ansässigen „Heimat- und Verkehrsvereins Burg Lichtenberg“ ausgeräumt. Dabei kam ein stark karossierter Dreibeintopf zum Kochen, ein sogenannter Grapen, zum Vorschein. Grapen waren vom Hochmittelalter bis weit in die Neuzeit beliebt. Das historische Fundstück von Burg Lichtenberg ist 20 cm hoch und hat einen Durchmesser von 14 cm. Bei einer früheren Bewertung wurde es von Experten in die Zeit um 1300 eingeordnet. Die Erstbeschreibung lautete wie folgt: „Gefäß aus Zinn, auf drei Füßen ruhend, bauchig, mit einem umgelegten breiten Rand, im oberen Teil stark beschädigt und etwas eingedrückt. Die eingebrochenen Teile sind zum größten Teile noch vorhanden“. Der mit zwei Henkeln versehene Grapen besteht jedoch aus Buntmetall (Bronze) und ist somit im Gegensatz zu eisernen Grapen als ein Gebrauchsgut eines gehobenen Haushalts anzusehen.