Das Fürstentum Lichtenberg (1816 – 1834)

Der 1814/15 tagende Wiener Kongress sollte Europa nach der Zeit von Napoleon neu gliedern. Im April 1815 fielen große Teile der nunmehr herrenlosen Gebiete an Preußen. Die neu gebildeten Kantone St. Wendel, Grumbach und Baumholder wurden aber als Exklave dem Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld unter Herzog Ernst I. zugesprochen. Das Gebiet mit ca. 25.000 Seelen und einer Fläche von 537 km2 wurde nach der hier liegenden Burg „Fürstentum Lichtenberg“ genannt. Im September 1816 wurde es in Besitz genommen. Der knapp 100 Gemeinden zählende Landstrich liegt heute im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Sitz der fürstlichen Regierung und des hochfürstlichen Gerichtshofes war ab 1819 die Stadt St. Wendel. Hier residierte auch die ab 1826 geschiedene Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Gotha, die später in der Pfeffelbacher Kirche begraben wurde. 1826 war das Herzogtum Sachsen-Coburg (Saalfeld abgetrennt) in Personalunion mit dem Herzogtum Sachsen-Gotha vereint worden.

1832 demonstrierten die Menschen auf dem Hambacher Fest für Freiheit, Demokratie und nationale Einheit. Nachdem es auch in St. Wendel zu Ausschreitungen kam, verkaufte Ernst I. 1834 sein weit entferntes Fürstentum Lichtenberg für 2,1 Millionen Taler an Preußen, das die Neuerwerbung als „Kreis St. Wendel“ in den Regierungsbezirk Trier eingliederte. 1840 heiratete Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha seine Cousine, die britische Königin Victoria. Ernst I. und Luise wurden somit direkte Stammeltern des britischen Königshauses Windsor. Die eigens geprägten Münzen der Coburger Epoche mit dem „Lichtenberger Taler“ erinnern noch heute an das frühere Fürstentum Lichtenberg.

Bereits seit der „Franzosenzeit“ war Burg Lichtenberg jedoch unaufhaltsam verfallen. Erst 1895 wurde die Burg unter Denkmalschutz gestellt und der Wiederaufbau konnte allmählich beginnen. 1920 entstand der neu gebildete Restkreis St. Wendel-Baumholder. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Burg an den Kreis Birkenfeld und 1971 an den Landkreis Kusel, der seitdem weiterhin in ihren Erhalt investiert.

(Text: Jan Fickert, Burg Lichtenberg)

Die „Schlupfpforte“

Betritt man Burg Lichtenberg, so fallen zunächst die drei Zugangstore auf, die im Laufe der Jahrhunderte zur Sicherung der Anlage errichtet wurden. Nach dem dritten Torbogen rechts ist eine kleine schmale Holztür vorhanden, die bei der Sicherung der Burg eine Rolle spielte. Es handelt sich hierbei um die die ehemalige, sogenannte Schlupfpforte, die auch Fußgängerpforte oder Schlupftür genannt wird und die aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen dürfte.

Der Zugang zu dieser Schlupfpforte befand sich in der Burgmauer rechts neben dem durch ein Tor und eine Zugbrücke gesicherten Burgtor. Heute ist dieser Zugang bis auf eine Fensteröffnung zugemauert. Sinn dieser Pforte war es zu vermeiden, für einzelne oder auch mehrere Personen die Burgtore öffnen zu müssen, da dies wesentlich aufwendiger war und auch ein gewisses Sicherheitsrisiko darstellte. Durch die enge und nur mannsbreite Schlupfpforte wurde immer nur einer Person nach der anderen Zutritt zur eigentlichen Innenburg gewährt, was den Wachen die Aufgabe der Zugangskontrolle enorm erleichterte.

 

Quelle:

Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte von Dr. Stefan Ulrich (Westrichkalender Juni 2016)

Keddigkeit/Burkhart/Übel – Pfälzisches Burgenlexikon III

Recherche Rauch

Text: Andreas Rauch, Verwaltung Burg Lichtenberg

Lichtenberg – der Name

Der Name Lichtenberg kommt recht häufig – nämlich ca. 20-mal in Deutschland – vor.

Er deutet auf eine kahle, baumarme Geländeerhebung und evtl. dort stattgefundene Rodungen hin. Der lichte Berg eben.

Obwohl sich die Schreibweise durch die Jahrhunderte sich immer ein wenig veränderte, so blieb doch der Erkennungswert stets erhalten.

 

1214 – Lichtenberg

1260 – Liethenberg

1270 – Lichtenberg

1275 – Liethenberg

1297 – Lietinberch

1314 – Lictenberch

1333 – Lichtenberg

1364 – Lyichtenberg

1366 – Lichtenberg

1371 – Lychtenberg

1401 – Lichtenberg

1433 – Liechtenberg

1455 – Liechtemberg

1478 – Liechtenberg

1596 – Lichtenberg

 

Seit Ende des 16. Jahrhunderts dürfte durchgängig der Name Lichtenberg verwendet worden sein.

Heute wird landläufig der Name Lichtenberg und Lichtenburg gleichgesetzt.

Quelle: Keddigkeit/Burkhart/Übel – Pfälzisches Burgenlexikon Band III

Recherchen Rauch

Text:     Andreas Rauch, Verwaltung Burg Lichtenberg

Das Siegburger Steinzeug von Burg Lichtenberg

In den 1960er und 1970er Jahren wurden durch den Heimatverein Burg Lichtenberg Ausgrabungs- und Sicherungsmaßnahmen im sogenannten „Gesprengten Turm“ durchgeführt.

Hierbei wurden Becher-, Krug- und Kannenfragmente, aber auch Scherben gefunden, wobei es sich größtenteils um „Siegburger Steinzeug“ handelt.

Die Ware stammt, wie der Name schon sagt, aus der Stadt Siegburg, in der schon eine uralte Töpfertradition verwurzelt war.

Der Handel war vor allem in der Hand von Kölner Kaufleuten, welche die begehrte Ware insbesondere vom 13. bis zum 17. Jahrhundert in ganz Europa vertrieben.

Bald wurden nicht mehr nur Waren für den täglichen Gebrauch produziert, sondern hochwertiges Steinzeug geschaffen.

Statt einfacher Waren schufen die Töpfer aufwändig geformte Gefäße mit prachtvollen Dekoren. In den Fürstenhäusern wurde das Siegburger Steinzeug zum begehrten Luxusobjekt, in der bürgerlichen Gesellschaft zum Statussymbol.

Später zogen sie in die Museen ein: Siegburger Steinzeug ist heute in kulturhistorischen Sammlungen in ganz Europa zu finden.

Wann die Gegenstände nun tatsächlich auf Burg Lichtenberg genutzt wurden, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Es ist aber zu vermuten, dass die Keramik hauptsächlich bei den „Herrschaften“ der Burg Verwendung fand, so dass eine Datierung um die Mitte des 15. Jahrhunderts zwar nicht belegt, jedoch anzunehmen ist.

 

Quelle: Stadtmuseum Siegburg

Text: Andreas Rauch, Burgverwaltung

Der Felsenturm

Zwischen der ersten und zweiten Wehrmauer liegt der doch schlecht erhaltene Felsenturm.

Er befindet sich auf der zweiten Wehrmauer und ist über eine Treppe gegenüber dem Kiosk zu erreichen.

Errichtet wurde er wohl Mitte des 15. Jahrhunderts und ist bautechnisch schon eine Besonderheit.

Mit seiner offenen Rückseite und einer einzigen kreisrunden Schießscharte ist er noch den spätmittelalterlichen Flankierungstürmen zuzurechnen, aber sein ungewöhnlicher Grundriss zwischen Schalenturm und Halbmond läßt vermuten, dass die Erbauer zwar um die Nutzung modernen Waffen wußten, aber doch recht ratlos waren wie diese am Besten  in den Baubestand der Burg integrieren werden könnten. Aller Anfang ist eben schwer.

Quellen: Pfälzisches Burgen-Lexikon Band III

„Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte von Burg Lichtenberg“ , Dr. Stefan Ulrich Westricher Heimatblätter Juni  2016 Heft Nr. 2

(Text und Foto: Andreas Rauch, Burgverwaltung)

Spitzbogenfries um 1500 an der „Landschreiberei“

An dem Turm der sich an der südöstlichen Ecke der Landschreiberei befindet fällt ein gut erhaltener kunstvoller Spitzbogenfries auf, der den Turm unterhalb einer Fensterreihe gürtet. Trotz verschiedener Brände, der Besetzung in Kriegszeiten und Nutzung der Burg als „Steinbruch“ ist uns dieses schöne Beispiel für den Baustil der Jahre um 1500 erhalten geblieben.

Der Fries besteht aus aneinander gereihten Halbkreisbögen, deren Schenkel auf kleinen Konsolen aufliegen.

Der Friesstreifen diente als Abschluss, Stukturierung und Belebung eines Abschnitts der Turmwand  (hier des Übergangs vom Mauerwerk zur Fensterreihe) bzw. des ganzen Bauwerkes.

(Text: ARauch)

Spätmittelalterliche Bodenfliesen Ende des 14. Jahrhunderts

Im Rahmen der Bauarbeiten zur Herstellung einer Sicherheitsbeleuchtung auf der Unterburg  wurde im Dezember 2021 eine  Bodenfliese aus rotem Backstein mit den Maßen 6 cm * 8,5 cm gefunden.

Es handelt hierbei um eine spätmittelalterliche Bodenfliese mit Maßwerkornament aus der ehemaligen St. Georgskapelle, wobei immer 4 Stück einen Kreis in Form einer vertieft geprägten Rosette mit Herzen und Kreisen bilden.

Letztmalig wurde 1960 auf Lichtenberg eine Fliese mit dem gleichen Muster im Mauerwerk des Westgiebels der ehem. Burgkapelle gefunden, die auf das Ende des14. Jahrhundert datiert wurde.

Quellen:

Eleonore Landgraf „Bodenfliesen des Mittelalters“, Stuttgart 1993; Jan Fickert: „Die früheren Burgmuseen von Burg Lichtenberg“, Westrichkalender 2020

Spätmittelalterliche Butzenscheiben-Fragmente vom Ostpalas

Aus dem Nachlass des Heimatvereins Burg Lichtenberg stammen Fragmente von Butzenscheiben, damals zehn an der Zahl, die im Jahr 1965 bei Ausgrabungen am Ostpalas, dem sogenannten „Prinzenbau“, entdeckt wurden. Sie stammen vermutlich aus dem 15. Jahrhundert. Der zweigeschossige Ostpalas kann laut Burgenforscher Dr. Stefan Ulrich (2014) vor allem aufgrund der Fensterformen auf die Zeit des mittleren 13. bis frühe 14. Jahrhundert eingegrenzt werden. Zum ersten Mal schriftlich belegt sind Stubenfenster auf Burg Lichtenberg zusammen mit Ofenkacheln in einer herzoglich zweibrückischen Rechnung aus dem Jahr 1460, d.h. aus der Regierungszeit des Herzogs Ludwig I. (1453-1489), genannt „der Schwarze“. Zur Geschichte und zur Herstellung von Butzenscheiben lassen sich einige allgemeingültige Aussagen machen: Im Mittelalter konnten sich nur wenige teure Glasscheiben leisten. Mit den Butzenscheiben des 14. Jahrhunderts ergab sich eine Lösung für den kleinen Geldbeutel. Ihre Herstellung war einfacher als die von großen Glasflächen. Der Glasbläser stellte eine Kugel von 10-15 cm Durchmesser her. Ein ausgebildeter Butzenmeister formte danach aus der über 1000 Grad heißen Kugel eine Butze. Produktionsbedingt besitzt sie in der Mitte eine Erhöhung. Die kleinen Scheiben hat man später mit Bleiruten zusammengesetzt. So entstanden die typischen Glasfenster, die im Spätmittelalter auf Burgen, in Kirchen und Bürgerhäusern eingebaut wurden. Butzenscheiben isolierten die Fensteröffnungen und ließen gleichzeitig Licht in die Räume. Dadurch machten sie das Dasein auf der Burg vor allem in der kalten Jahreszeit erträglicher. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden Butzenscheiben Industrieware. Ihr Vorteil bestand darin, dass sie den Druck auf viele kleine Glasscheiben verteilten, die durch Bleiruten zusammengehalten wurden, was sie stabil machte. Im 14. Jahrhundert hatte man Fensteröffnungen noch mit Holz, Pergament oder Stroh gegen die Kälte abgedichtet, und die Bewohner saßen oft im Dunkeln. Bienenwachskerzen waren für den täglichen Gebrauch zu teuer und andere Leuchtmittel rußten oder stanken. (Text: J. Fickert)

Die Keltenmünze von Thallichtenberg

Burg Lichtenberg: Die keltische Goldmünze von Thallichtenberg

Kurz vor 1837 wurde nahe der heutigen Burgstraße ein keltischer Goldstater gefunden. Die Münze mit dem Gewicht von 6,36 gr und Durchmesser von 1,9 bis 2,1 cm soll über das Museum in St. Wendel an das Rheinische Landesmuseum in Trier gegangen sein, wo das Schmuckstück noch heute aufbewahrt wird. Die Kelten, die ca. 800 v. Chr. bei uns die Nachfolge der Urnenfelderkultur (Bronzezeit) angetreten hatten, erreichten Mitte des 3. Jhs. v. Chr. ihre zivilisatorische Blüte. Dr. Lars Blöck, stellvertretender Leiter der Archäologischen Denkmalpflege in Trier, beschreibt den Ursprung der Münze wie folgt: „Es handelt sich um die Nachahmung eines Staters (eines griechischen Goldnominals) von König Philipp II. von Makedonien, dem Vater von Alexander d. Gr. Diese Statere wurden wohl zwischen 356 und 328 v. Chr. unter Philipp II. und seinen Nachfolgern in großen Mengen ausgegeben. Sie kursierten nicht nur im Machtbereich des makedonischen Reiches, sondern auch weit darüber hinaus, so dass sie als philipperoi namensgebend für schwere Goldmünzen im Mittelmeerraum wurden. Auf der Vorderseite der Statere ist der nach rechts schauende Kopf des Gottes Apoll, auf der Rückseite eine biga, ein zweispänniger Wagen, mit Lenker dargestellt. Aufgrund ihrer großen Verbreitung und des mit ihnen verbundenen Prestiges wurden die Statere Philipps II. in der regionalen Münzprägung Galliens imitiert.“ (Archäologischer Kalender 2021, Bl. 9). Die „Thallichtenberger Münze“ stammt aus dem 2. Jh. v. Chr., der späten Eisenzeit, und wird den gallischen „gentes“ der Treverer zugerechnet. Das Revers hatte sich dabei schon etwas vom Vorbild entfernt, wie Dr. Blöck konstatiert: „Aus der nach rechts fahrenden biga mit den beiden vorgespannten Pferden ist ein nach links laufendes Wesen mit Pferdekörper und Menschenkopf, aus dem Wagenlenker eine schwebende Gestalt geworden. Anstelle eines Münzzeichens und der Legende befindet sich unter der Pferdegestalt ein geflügeltes Wesen. Welches neue Narrativ sich hinter dem umgedeuteten Münzbild verbirgt, entzieht sich wegen des Fehlens erklärender Schriftquellen aus dem keltischen Raum unserer Kenntnis.“ Eine Replik der Münze ist seit 2021 auf Burg Lichtenberg ausgestellt. (Text: J. Fickert)

Kräutergarten Burg Lichtenberg

Der Kräutergarten auf der Burg Lichtenberg hat zwei Vorlagen aus dem frühen Mittelalter. Es sind dies der Klosterplan von St. Gallen (um 820) und die Zeichnung vom Kräutergarten des Klosters Reichenau.

Die Entwürfe zeigen, dass damals Baum-, Gemüse- und Kräutergarten streng voneinander getrennt wurden. Den Baumgarten dürfen wir uns als einen einfachen Wiesenplatz mit Obstbäumen und einer Einfriedung vorstellen. Den Gemüse- und Kräutergarten dagegen gliederten Beete. Diese waren schmal und rechteckig. Sie konnten bequem von den Wegen aus, welche zwischen ihnen verliefen, bearbeitet werden.

Die vierundzwanzig Beete im Kräutergarten der Burg Lichtenberg sind in gleicher Weise angelegt. Damit man sie auch bei nassem Wetter begehen kann, blieb ihr Grasbewuchs stehen. Außerdem wird dadurch der Eindruck des Natürlichen nicht mehr als nötig zerstört.